Dezember 2006: Er ist der neue Stern am Politikhimmel Bulgariens: Bojko Borissov. Früher Bodyguard des damaligen Kommunistenchefs Todor Shivkov, ist er nun Bürgermeister Sofias. Obwohl der unkonventionelle Politiker kein politisches Konzept hat, gilt er als „Held“ im Kampf gegen Korruption und Kriminalität.
Großer Auftritt für den Bürgermeister von Sofia. Ein Star der Medien und Favorit der Wähler, der populärste Politiker Bulgariens. Er verspricht, das Land vom Schatten der Vergangenheit zu befreien.
Als überzeugter Kommunist besuchte er die Polizeischule und beschützt noch nach der Wende Ex-Diktator Todor Shivkov und den neuen Ministerpräsidenten Coburgotski.
Seine politischen Freunde und Feinde kennt der Medienstar seit Jahrzehnten. Auch, wenn er mittlerweile die Fronten gewechselt hat. Heute sind die regierenden Kommunisten seine Lieblingsgegner. Deshalb plant er sogar die Gründung einer eigenen konservativen Partei. 2009 will er damit Ministerpräsident in Bulgarien werden.
Der Karatekämpfer will durchgreifen
Alte Probleme kann auch Borissov bislang nicht lösen, aber er verdrängt sie per Machtwort. In der High Society der Hauptstadt ist der ehemalige Karatekämpfer ein gern gesehener Exot.
Dabei sind die echten Probleme des Landes nicht mit Sprüchen zu lösen. Der Müll der Stadt etwa häuft sich seit über einem Jahr in Zwischenlagern, weil die Deponien voll sind. Millionenbeträge verschlingt die Schlamperei. Zehntausende Müllballen platzen auf, eine giftige Brühe gefährdet in ganz Sofia das Grundwasser. Doch auch diese Katastrophe wird zum politischen Spielball.
So unterstützt Borissov diese Umweltgruppe, die vor dem Amtsitz des sozialistischen Ministerpräsidenten demonstriert – sein potentieller Gegner bei der nächsten Wahl. Die Demonstranten geben die Schuld der Regierung, werfen ihr vor, Borrisov zu behindern – ganz im Sinne des Bürgermeisters, der als Retter der Nation da stehen will.
Borissov will die „unterdrückte Psyche“ der Bulgaren überwinden, doch eine verantwortungsbewusste Politik kann auch er kaum betreiben. Wenn es Probleme gibt in Bulgarien, ist eben niemand zuständig. Nicht einmal Volksheld Bojko Borissov.
Redaktion: Thomas Eichberg