Dresdner Straßenbahnen in Kasachstan

April 2008: In Almaty, dem ehemaligen Alma Ata, sind sie ein alltägliches Bild: Straßenbahnen aus Dresden. In Deutschland ausgemustert, rumpeln die robusten Wagen über krumme Schienen durch dichten Verkehr.

Die Dresdner Straßenbahn steht wieder mal im Stau – allerdings nicht in der sächsischen Landeshauptstadt, sondern in Zentralasien. Im kasachischen Almaty tut die gute alte Tatrabahn seit zwei Jahren ihren Dienst. „Bitte festhalten“ – die deutschen Warnschilder waren selten so nötig wie im chaotischen Verkehr der wachsenden Großstadt. Fahrerin Olesia Jusupowa hat alle Hände – und Füße – voll zu tun. Oft kommt sie nur im Schritttempo voran.

Stress hat in der Dresdner Bahn nicht nur die Fahrerin. Fljusa Belenkaja ist eigentlich Betriebschefin der Bahn in Almaty. Doch wegen Personalmangels kontrolliert sie nebenbei auch die Fahrscheine und beruhigt Fahrgäste, die sich wie hier über die Sauberkeit beschweren.

Alte Bahnen auf maroden Schienen

Die Bahnen aus Deutschland sind relativ breit. Sie durch den dichten Verkehr zu steuern, schaffen nur die besten Fahrer. Olesia Jusupowa ist stolz dazu zu gehören. Straßenbahn fahren ist für sie ein Kindheitstraum. In Kasachstan ist das Handarbeit, selbst die Disponentin an der Endhaltestelle hat keinen Computer und in einer kleinen Küche wird eigens für die Fahrer zum Mittag gekocht. Dieses Leben hat die junge Fahrerin schon von ihrer Mutter kennengelernt.

Für die Fahrerin und ihre Dresdner Bahn ist die Arbeit auf den Straßen von Almaty nicht leicht. Kaputte Schienen setzen den Rädern zu, Weichen müssen von Hand umgestellt werden. Bis 2011 soll das komplette Schienensystem der Stadt zwar erneuert werden, doch bis dahin müssen die gut 20 Jahre alten Maschinen noch durchhalten.

Umbau für Asien

2006 hatten die Verkehrsbetriebe von Almaty nach gebrauchten Stadtbahnen in Europa gesucht und waren unter anderem in Dresden fündig geworden. Doch bevor die zehn Bahnen durch Zentralasien rollen konnten, mussten Fahrwerk und Oberleitung komplett umgebaut werden. Ersatzteile allerdings kommen bis heute aus Deutschland, weil es in Kasachstan keinen einzigen Händler dafür gibt. Ihre Herkunft sieht man den Bahnen bis heute an, Farbe und Ausstattung blieben original erhalten. Trotzdem gehören für den Chef des Betriebshofes die Straßenbahnen fest zum Stadtbild dazu.

Dresdner Bahnen gegen den Smog

Tatsächlich hat die Straßenbahn in Almaty, das in der Sowjetunion Alma-Ata hieß, eine große Tradition. Schon in den 30er Jahren quietsche die „Tramway“ durchs Zentrum. Doch nach der Wende 1990 begann die Krise: gerade mal 25 Bahnen gibt es heute noch in Almaty. Viel zu wenig für eine Stadt mit über einer Millionen Einwohnern, denn mit dem steigenden Wohlstand in Kasachstan wächst auch der Verkehr. Der Stau blockiert die Innenstadt, die Luft ist zu Stoßzeiten unerträglich. Seit 20 Jahren wird an einer U-Bahn gegraben. Nächstes Jahr soll zwar die erste Linie fertig sein, doch auch die hat erst einmal nur sieben Stationen. Auch Olesia Jusupowa steht mit ihrer Bahn regelmäßig im Stau, weil es kaum getrennte Fahrtwege gibt. Die Passagiere hoffen trotzdem auf eine Zukunft für ihre Bahn.

Und wer gar nicht genug von den Dresdner Bahnen bekommen kann, der mietet sich einfach die Jubiläumsbahn. Für umgerechnet 125 Euro pro Stunde kann dort gefeiert werden. Eine Bar und Partytische haben die Verkehrsbetriebe eingebaut. Bei dem holprigen Schienenbett müssen die Gäste zwar standfest sein, doch das gehört zum Bahn fahren in Almaty eben dazu.