Bergwandern in Albanien
„Die verwunschenen Berge“ nennen Albaner die Gebirgsregion im Norden ihres Landes, die bis in den Sommer von Schnee bedeckt ist. Nie konnten fremde Herrscher diese Berge erobern – zu abgeschieden, zu gefährlich ist das Gebiet. Bis heute führt nicht einmal eine Asphaltstrassen in die entlegenen Hochgebirgstäler. Familie Welisch, erfahrene Bergwanderer aus Dresden, suchen genau diese Einsamkeit. Die Erwartung von Dirk Welisch ist, dass er mit den Leuten in Kontakt kommt und schöne Naturerlebnisse hat. Das er schön wandern kann.
Bergwandern in Albanien, der Region „Albanische Alpen“
Für die drei Sachsen wird es ein Abenteuer-Urlaub in der Wildnis von Albanien. Urwüchsig ist es hier und einsam: Viele Häuser wurden verlassen – von einst 200 Familien des Dorfes Theti betreiben gerade noch 15 ein kleines Gehöft. Der größte Teil der Berge ist für Touristen noch gar nicht erschlossen. Wegweiser durch die grandiose Gebirgskulisse gibt es nur wenige. Dirk Welisch hat zwar ein GPS-Gerät dabei, doch das nützt nur zur groben Orientierung. Alles abseits der wenigen albanischen Hauptstraßen ist dem Gerät unbekannt. Das GPS ist eigentlich ein Straßen-GPS, da sind derzeit die ganzen Karten von Europa drauf, also die Straßenkarten, so der Albanienreisende.
GPS im kommen
Albanien hat im Moment nur die Hauptstraßen auf diesem Update drauf, so dass man sich hier überhaupt nicht orientieren kann, was die Wanderwege anbelangt. Digitale Wanderkarten für GPS Systeme gibt es für die albanische Berge noch nicht. Das soll sich ändern: Der Tross des albanischen Präsidenten wälzt sich über die staubigen Wege von Thethi. Seit kurzem ist Wandertourismus Chefsache. 250.000 Euro sollen hier in die Infrastruktur investiert werden. Das Geld stamme vom Deutschen Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, betont der Deutsche Botschafter, – es ist Teil eines internationalen Friedensplanes und soll die Zusammenarbeit zwischen Albanien, Mazedonien und dem Kosovo fördern.
Neue Pensionen in alten Mauern
Mark Zef Koceku ist einer jener neuen Pensionsbesitzer. Familie Welisch macht bei ihm Rast. Das Angebot für rund 10 Euro pro Person zu übernachten, nehmen Sie nicht an. Dafür trinken Sie aber gern einen Kaffee. Weil er, wie die meisten hier, kein Englisch spricht, wird er von einer Fremdenführerin unterstützt. Auch Sie wurde mit deutschem Geld ausgebildet. Liljana Polia stammt aus dem Dorf und freut sich über die neuen Perspektiven. Sie könne jetzt hier endlich jeden von überall her treffen, verschiedene Kulturen, verschiedene Menschen. Sie hatten gerade Gäste aus Afrika. Der Kaffee war für die Welischs gratis, spendiert vom Hausherren. So ist es Sitte in den albanischen Dörfern. Doch die Welischs sind ein wenig verunsichert – ohne Preislisten ist es schwer etwas zu bestellen. Sie wollen vorher wissen, ob die Urlaubskasse noch reicht. Aber die Menschen hier empfinden es als unhöflich, Preise für Essen und Überbernachtung vorher festzulegen. Begleitet von den traditionellen Klängen, vorgetragen auf einem Laubblatt, macht sich die Dresdner Familie wieder auf den Weg.
Theti, das bekannteste Bergdorf der Region
Die Welischs genießen das klare Wasser, die reine Luft und die seltenen Pflanzen des Hochgebirges. Nur von Mai bis Oktober ist das Tal überhaupt erreichbar. Dieser Abgeschiedenheit verdankt das Dorf Thethi seinen besonderen Reiz. Die Leute leben hier noch aus sich selbst heraus, sehr autonom, erzählt Simone Welisch aus Dresden. Aber sie befürchte, sobald die Infrastruktur anders wird, sprich die Straße von Burga nach Thethi schön planiert, saniert und asphaltiert ist, werden hier mehr Menschen kommen, die andere Bedürfnisse haben. Noch gibt es im Tal kein Restaurant, keinen Laden und keinen Partykeller – statt dessen Ruhe und traditionelles Essen, das jeder Hof selbst zubereitet.
Reisen von Tirana in die Berge
Auch Lek Tethoria bewirtet seit diesem Jahr Touristen, so wie die Welischs am nächsten Morgen zum Frühstück. Künftig soll es auch organisierte Pauschalreisen von der Hauptstadt Tirana aus geben. Lek Tethoria spüre schon jetzt die Veränderung. Sie verdienen mit dem Tourismus viel mehr Geld als früher mit der Landwirtschaft. Ihr Leben würde besser dadurch. 15 Gäste können bei Lek Tethoria gleichzeitig übernachten. Die Bäder hat er dank der 2000 Euro deutscher Wirtschaftshilfe einbauen können. Jetzt gibt es bei ihm erstmals fließend Warmwasser – sogar zum Duschen.
Bergwandern in Albanien bedeutet sanfter Wandertourismus
Doch trotz der Gastfreundschaft und der Idylle – die unerschlossenen Berge sollten auf keinen Fall unterschätzt werden. Man sollte sich schon ein bisschen auskennen mit wettertechnischen Dingen, mit wegetechnischen Dingen, mit Verletzungen eventuell, rät Simone Welisch. Möglicherweise ist es auch gefährlich, wenn man alleine losläuft. Doch für die erfahrenen Sachsen ist das gerade die richtige Herausforderung. Jetzt hoffen Naturschützer, dass die geplante Straße ins Tal vielleicht doch nicht so schnell gebaut wird. Stattdessen könnte ein sanfter Wandertourismus in einem möglichen Nationalpark allen helfen: Den Menschen, die hier leben, den entdeckungsfreudigen Touristen und der einmaligen Natur.
Redaktion: Thomas Eichberg