Ägypten: Nach der Revolution

Ägypten: Nach der Revolution, ist der Titel einer TV- Dokumentation. Gedreht im April 2011 in Kairo. Es ist auch ein Stück Geschichte des Internets.

Filminhalt Ägypten: Nach der Revolution

Das soziale Netzwerk Facebook spielte eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung der ägyptischen Revolution. Jetzt soll das Internet vor allem erfolgreiche Geschäfte im demokratischen Ägypten ermöglichen. Doch das gestaltet sich kompliziert und viele junge Aktivisten zweifeln bereits am Erfolg des Aufbruchs.

Ägypten: Nach der Revolution

In einem Internetcafé in Kairo ist Farag Abrahim zum Revolutionär geworden. Er stammt aus armen Verhältnissen. Über seine Facebook-Seite hatte er von dem Aufstand erfahren, hatte Filme gesehen, die prügelnde Polizisten und Folter zeigten.

Farag hat nie eine richtige Schule besucht, versteht wenig von Politik. Doch diese Bilder haben den 29-jährigen tief berührt. Gemeinsam mit Hunderttausend anderen war er im Januar auf die Straße gegangen. Und trotz der Wirtschaftskrise nach dem Umsturz, die ihm das Geldverdienen schwer macht, treibt ihm die Revolution noch immer Tränen des Glücks in die Augen. In poetischen Worten vergleicht er die Revolution mit der Liebe: So tief sei das Gefühl, dass es einen in kalten Nächten warm halte und selbst im Gefängnis noch Hoffnung verleihe.

Ägypten: Nach der Revolution Universität

Jene, die solche Emotionen übers Internet auslösen konnten, treffen wir an der amerikanischen Universität von Kairo. Hier studieren die Kinder der Oberschicht. Unter ihnen die Urheber des Aufrufes. Sie haben mittlerweile eine Organisation gegründet mit dem Namen „Injaz“, arabisch für „Schaffen“. Sie hatten die Informationen zuerst ins Internet gestellt.

Gründergeist im Internet

Jetzt, nach dem Umsturz, sollen die anderen Studenten das Netzwerk weiter nutzen. Diesmal um ein erfolgreiches und demokratisches Ägypten aufzubauen. Dafür hat die Chefin von Injaz spezielle Kurse organisiert. Mit Spaß und amerikanischem Management sollen aus Aktivisten Unternehmer werden.
Sie und ihr Team bringen den Studenten alles bei, was sie als Unternehmer brauchen werden: Problemlösungen, analytisches Denken, Innovationen oder Teamwork.
Selbst für die Jugendlichen aus gutem Hause sind das Fähigkeiten, die bisher in Ägypten nicht gefragt waren. Manche sind extra aus dem Ausland zurückgekommen, um beim Aufbruch der Jugend dabei zu sein. So wie Louloua Bathke, die fünf Jahre lang in Deutschland lebte. Ohne bessere Bildung hätten die Ägypter keine Chance, meint sie.

Für die Revolution war das nicht von Bedeutung: Gebildet oder nicht – der Aufstand im Januar hatte das ganze Volk erfasst. Auf dem Tahirplatz fehlen bis heute die Pflastersteine. Farag Abrahim erinnert sich genau, wie sie als Waffen gegen das Regime eingesetzt wurden. „So haben wir geworfen“, sagt er. „Von dort kamen die, die Mubarak als Präsident unterstützten, von dort jene, die ihn nicht mehr wollten.“ Doch so einfach sind die Fronten jetzt eben nicht mehr. Von Politik versteht Farag, wie die meisten seiner Freunde, wenig. Bei einer Radioshow wird ein neuer Präsidentschaftskandidat gesucht. Von dessen politischer Bedeutung ist aber nicht die Rede.
„Der neue Präsident von Ägypten darf auf jeden Fall keinen Bauch haben. Keinen dicken Bauch. Außerdem muss er gut im Training stehen. Er soll jung sein, also jünger als 50. Und er soll verschiedene Sprachen sprechen können. Das ist mein Traum von einem neuen Präsidenten.“ So die Vorstellungen von einem neuen Präsidenten von Farag Abrahim.

Ägyptens Wirtschaft nach der Revolution

Fraglich, ob sich Ägypten so aus der wirtschaftlichen Krise befreien kann. Der Tourismus, einer der wichtigsten Pfeiler der Wirtschaft, ist fast völlig zusammengebrochen. Farags Familie lebt gleich neben den Pyramiden. Besucher gibt es dort kaum.

25 Kamele und Pferde besitzen seine Freunde. Eigentlich vermieten sie die Tiere an Besucher. Jetzt müssen sie die Kosten fürs Futter vom Ersparten zahlen. Doch zumindest im Moment stehen sie noch voll hinter der Revolution. So auch Hesem Agach, Kamelbesitzer. Er habe zwar kein Geld mehr berichtet er, aber aber er ist frei, genauso wie jeder andere.

So steckt das ganze Land in einem tiefen Zwiespalt: Die einen wollen weiter demonstrieren, bis alle Forderungen erfüllt sind und das alte korrupte System verschwunden ist. Andere, wie Farag, hoffen, dass so schnell wie möglich Ruhe einkehrt und die Wirtschaft aufgebaut wird.

Die Menschen mit Internetaufrufen auf die Straße zu bringen war offensichtlich weit einfacher, als jetzt die politische Zukunft Ägyptens zu gestalten. Ägypten nach der Revolution, ist ein Land am Scheideweg.