Die Jahrhundertflut 2002

Die Jahrhundertflut 2002
Dramatische Momentaufnahme – wir waren mit der Kamera live dabei…


Seit knapp 40 Stunden regnet es in Dresden, als hätte jemand vergessen, die Dusche abzustellen.

„Habt Ihr ein Team frei fürs Osterzgebirge? Dort bahnt sich eine Katastrophe an!“

Der Anruf der RTL Kollegen erreichte uns am späten Nachmittag des 12. August. Uns standen 5 Tage de facto ohne Schlaf bevor.

Gegen 20 Uhr war der Jeep klar (weise Entscheidung des Kameramannes) und los ging’s auf der B 170 Richtung Osterzgebirge. Allerdings – weit kamen wir nicht. Die Straßen bereits teilweise unterspült und unpassierbar und so schaffte es unser Team bis Freital. Nass bis auf die Haut verschlug es uns den Atem.

Polizeieinheiten trieben die Bewohner der in der Nähe der Weißeritz gelegenen Wohnsiedlungen regelrecht aus den Häusern. Während das Wasser beinahe minütlich stieg, machten Gerüchte die Runde. Die Talsperre Malter läuft über, droht zu brechen, wurde erzählt. Die Situation in dieser Nacht war chaotisch und beängstigend zugleich und sollte es beinahe 10 Tage lang bleiben. Unsere Kamera hielt alles in dieser Nacht fest, zunächst in Freital, dann in Kreischa.

Am nächsten Morgen dann fahren wir nach Glashütte, oder besser das, was davon übrig blieb.

Die Jahrhundertflut 2002 in Ostsachsen

Die Dresdner Straße ist ein reißender Strom, in der Flussmitte liegen Autowracks, darunter ein Tanklastzug. Häuser sind eingestürzt oder stark beschädigt. Bei Tageslicht wird das Ausmaß der Katastrophe sichtbar.

Die kommenden Tage vergehen für viele von uns wie in Trance. Die Bilder rauschen nur noch an uns vorbei. Es sind zu viele, um sie wirklich zu verarbeiten. Der Dresdner Hauptbahnhof unter Wasser, die Kuppelhalle ein reißender Gebirgsbach, die geretteten Bilder im Zwinger, die Semperoper unter Wasser, Menschen, die verzweifelt Sandsäcke stapeln. Dazwischen immer neue Rekordpegel der Elbe, die sich wie ein heimtückisches Monster langsam in die Stadt hineinschleicht und Stadtbezirk um Stadtbezirk in Beschlag nimmt. Mitarbeiter fallen aus, weil sie ihre eigenen Wohnungen zu retten versuchen, meist vergeblich.

Nach dem Scheitelpunkt dann der nächste Schock. Die Stadt versinkt in Müll und Schlamm. Über allem liegt ein braun-grauer Film. Es stinkt und der getrocknete Schlamm wirbelt als Staub durch die Stadt und macht das Atmen schwer.

Die Geschichte hinter der Geschichte ist gefragt. Wieder treffen wir Opfer und Helfer. Menschen, die vor unserer Kamera weinen, die ratlos sind oder die einfach weitermachen, obwohl sie alles verloren haben.

Dresden, Glashütte, Freital, Grimma, Weesenstein, Leisnig, Pirna, Meißen, Kreischa, … die Liste der Heimgesuchten ist unendlich lang und sie hat unser Land verändert.

Auch uns.

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Deutschland